Ich bin Morgenmensch. Richtig hardcore. Noch bevor Carlos Wecker um 5:30 Uhr losgeht, bin ich meistens schon wach – geweckt von einer Vogelversammlung direkt vorm Fenster. Und das liegt nicht nur am Gezwitscher, sondern auch daran, dass wir beim Schlafen ziemlich deutsch geblieben sind: Fenster offen, immer. Auch im Hochsommer. Während drumherum die ganze Nachbarschaft die Klimaanlage durchrattern lässt, lassen wir frische Luft und Grillenzirpen rein. Funktioniert überraschend gut. Meistens. Doch bevor ich überhaupt aus dem Bett klettere, greife ich zum Handy. Nicht, um zu scrollen – sondern um zu prüfen, ob mein Nacht-Ich mir eine SMS geschrieben hat. Kommt öfter vor, als mir lieb ist: Irgendetwas reißt mich aus dem Schlaf, ich tippe halb wach drauflos – und hoffe am nächsten Morgen auf die Eingebung. Manchmal ist es tatsächlich brauchbar und manchmal steht da nur so etwas wie: „?? Schlüssel Licht Flügel??“. Aber hey – lieber kryptisch notiert als genial vergessen. Latte, Laune, Lebensstil![]() Als erstes … Kaffee! Kein To-go, kein Drip-Brew – sondern Latte aus dem Espressokocher, ganz klassisch. Ohne den läuft hier nämlich nichts – weder die Laune noch der Laptop. Dazu? Ganz sicher kein PB&J Sandwich – das steht für Peanut Butter & Jelly, also Erdnussbutter mit Marmelade, ein echter Klassiker des amerikanischen Lebensstils – den ich konsequent ignoriere. Ich mag Peanut Butter wirklich gern. Nur nicht kurz nach dem Aufstehen. Bei uns gibt’s stattdessen selbst gebackenes Sauerteigbrot, Käse, Ei, frische Tomaten (im Sommer direkt aus dem Garten) – oder Bircher Müsli. Definitiv nicht das, was man hier „breakfast“ nennt – aber deutlich näher an meinem Geschmack. Erst mal Haushalt und Hund statt Heldenreise Dann ist Sunny dran – unser Goldendoodle, Sockenliebhaber, Epilepsie-Patient und treuester Schatten. Er bekommt seine Medikamente, Frühstück und eine kleine Extraportion Streicheleinheiten. Und nachdem Carlo sich ins Büro verabschiedet hat, beginnt für mich der erste echte Tagesabschnitt: Küche, Wäsche, aufräumen, all das. Währenddessen: Manuskriptgedanken. Immer. Die schleichen sich zuverlässig zwischen Waschmaschine und Geschirrspüler rein. Hörbuch im Ohr, Hund an der Leine ![]() Als Nächstes geht’s nach draußen – Hunderunde. Einmal tief durchatmen, Kopf freipusten und schauen, ob Sunny heute eher auf Abenteuer oder Abkürzung steht. Meistens hab ich dabei ein Hörbuch im Ohr – aktuell „Tale of the Heart Queen“, Band vier der „Artefakte von Ouranos“ von Nisha J. Tuli. Ich liebe diese Reihe – episch, düster, ein bisschen romantisch und perfekt für Tage, an denen mein Kopf eh schon halb in anderen Welten wohnt. Und wenn ich mal nicht in Fantasyreiche abtauche, telefoniere ich mit Deutschland: Familie, Freundinnen, Schreibmenschen. Dank Zeitverschiebung klappt das vormittags ziemlich gut. Und irgendwo zwischen schnüffelndem Hund, raschelndem Laub und ein paar sehr motivierten Eichhörnchen stolpern mir dann oft die besten Szenen vor die Füße. Manuskriptmodus: an ![]() Wieder zu Hause starte ich in die erste Schreibrunde. Zwei Mal die Woche nicht allein, sondern per Facetime mit einer amerikanischen Freundin, die ich schon seit meinen ersten Tagen in Michigan kenne. Wir hatten uns eine Weile aus den Augen verloren – wie das manchmal so läuft, wenn das Leben dazwischenkommt. Aber übers Schreiben haben wir uns wiedergefunden und heute sind unsere Schreibdates fester Bestandteil der Woche: 90 Minuten konzentriertes Tippen, jede für sich – und trotzdem irgendwie zusammen. Keine Ablenkung, keine Ausreden. Und auch wenn uns inzwischen ein paar Staaten trennen: Dieses Accountability-Ding funktioniert. Weil da jemand ist, der weiß, wie es sich anfühlt, wenn man an einer Szene hängt – und sich heimlich lieber dem Kühlschrank zuwenden würde. Feinschliff mit kritischer Begleitung![]() Und ja – ich arbeite gerade an einer neuen Urban Fantasy Trilogie und bin inzwischen bei dem Teil angekommen, der gleichzeitig befriedigend und gnadenlos sein kann: die vorletzte Phase der Überarbeitung! Die Geschichte steht, der Bogen ist gespannt – jetzt wird gestrichen, verdichtet, geschliffen, korrigiert und alles, was nicht mehr trägt, fliegt raus. Und dabei verlasse ich mich nicht nur auf mein Gefühl, sondern auch auf mein großartiges Testleserinnen-Team. Denn irgendwann wird man betriebsblind. Man liest, was man glaubt, geschrieben zu haben. Man füllt Lücken mit Vorwissen, merkt nicht mehr, wenn ein Satz im Kopf klar, aber auf dem Papier wirr ist. Deshalb ist dieses Team so wichtig – und ich bin wahnsinnig dankbar für jede einzelne Rückmeldung. Weil sie ehrlich sind. Weil sie auch sagen, wenn etwas nicht funktioniert.Und weil sie genau das tun, was ein gutes Team tun sollte: mitdenken, mitfühlen, mittragen – aber nicht alles abnicken. Ohne sie wäre das Buch nicht dasselbe. Ob dieses Projekt wieder ins Selfpublishing geht oder ob ich den Weg über eine Agentur versuche, steht noch nicht fest. Das wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Aber eins steht fest: Es wird anders. Und ich freu mich darauf, euch bald mehr zu erzählen. Zwischen Social Media und Gemüsebeet![]() Nach der ersten Runde ist erstmal Pause – zumindest theoretisch. Manchmal lande ich im Garten, manchmal beim Austausch mit Kolleginnen, manchmal beim Pflegen des DELIA-Instagramkontos, das ich mitbetreue. Oft sitze ich aber auch einfach am Küchentisch und überarbeite Blogtexte, plane Social Media Beiträge oder streiche mit einem sehr entschlossenen Blick Dinge von meiner To-do-Liste. Und dann, irgendwann, ruft die zweite Runde – ohne festen Startpunkt, aber mit klarer Mission: Zurück ins Manuskript. Zurück in die Geschichte. Sternenhimmel, Stille, Schluss für heute![]() Abends ist Schluss mit Manuskript. Spätestens um 18 Uhr klappe ich den Laptop zu – manchmal auch mit sanfter Gewalt. Carlo kocht (was für uns alle besser ist), und danach ist Feierabend. Ein Bier auf der Terrasse – nicht immer deutsch, aber immer verdient – und ein bisschen Zeit nur für uns und ich gebe mein Bestes, den Plot für ein paar Stunden auszublenden. Spoiler: gelingt nicht immer. Wochenende: einkaufen, durchatmen, leben Und am Wochenende? Schreibfrei. Meistens. Dann stehen die Dinge auf dem Plan, die unter der Woche gern durchrutschen: Der große Wocheneinkauf zum Beispiel – und hier in Michigan ist das ein echter Luxus, denn ich kann zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen gehen, auch am Wochenende. Oft schaue ich auch beim Farmers Market um die Ecke vorbei wo ich nicht selten mehr frisches Gemüse kaufe, als mein Kühlschrank bewältigen kann. Aber Wochenende heißt vor allem: Carlo-Zeit. Ohne WLAN, aber mit dem, der bleibt, wenn der Bildschirm längst dunkel ist. Denn die schönsten Kapitel schreibt immer noch das Leben – ganz ohne Abgabetermin.
4 Kommentare
Steffi
5/22/2025 06:09:11 am
Das klingt nach einem idealen Schreibtag, Kirsten - und spannend geschrieben! Ich beneide dich um den Farmers Market und "Carlo kocht" :D Tulis Artefakte kommen dann mal auch auf meine Liste ...
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5/22/2025 08:02:21 am
Steffi, du weißt ja ... Zimmer frei :) Und ja, die Artefakte kann ich sehr empfehlen!
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5/22/2025 10:21:00 am
Ich wundere mich jedesmal wieder, wie früh du schon oder noch auf bist 😉
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Kirsten GrecoFantasyautorin aus Michigan. Schreibt Magie, trinkt Kaffee, löscht Plotbrände. ArchiveKategorien
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